Erwartung an Sicherheit: subjektive Katastrophenwahrnehmungen und Bedingungen der Bewältigung am Beispiel Mosambiks und Deutschlands
Keywords
Sociology & anthropologyEcology
Ökologie
Soziologie, Anthropologie
Entwicklungsländersoziologie, Entwicklungssoziologie
Ökologie und Umwelt
Sonstiges zur Soziologie
Ecology, Environment
Sociology of Developing Countries, Developmental Sociology
Other Fields of Sociology
Bundesrepublik Deutschland
Erwartung
Wissenschaft
Wahrnehmung
Gesellschaft
Prävention
Afrika südlich der Sahara
soziale Institution
interkultureller Vergleich
Mosambik
Afrika
Institution
Industriegesellschaft
Leistungsfähigkeit
südliches Afrika
Natur
Technik
Naturkatastrophe
Entwicklungsland
Sicherheit
Umweltschutz
Vergleich
Wissen
perception
institution
industrial society
security
social institution
society
prevention
expectation
Africa
Federal Republic of Germany
Mozambique
nature
intercultural comparison
Southern Africa
environmental protection
knowledge
science
comparison
engineering
performance
natural disaster
Africa South of the Sahara
developing country
empirisch
empirisch-qualitativ
Dokumentation
empirical
documentation
qualitative empirical
Full record
Show full item recordOnline Access
http://www.ssoar.info/ssoar/handle/document/18362Abstract
"Die in der Soziologie weit verbreitete Definition von Katastrophen als der plötzliche Zusammenbruch der Möglichkeiten der Bewältigung der Folgen eines Naturereignisses bietet zunächst eine operationale Definition von Katastrophen, die Forschern erlaubt 'entsetzliche soziale Prozesse' zu differenzieren. Gleichzeitig wird damit das Auftreten von Katastrophen mit der technischen Leistungsfähigkeit der untersuchten Gesellschaften verknüpft. Die Industriegesellschaften verfügen über das Wissen und die technologischen Mittel wirksam auf Naturereignisse zu reagieren. Die internationale Katastrophenprävention versucht dieses Potenzial auch für Entwicklungsländer zugänglich zu machen (z.B. Frühwarnsysteme, technische Katastrophenvorsorge). Es geht dabei aber um mehr als einen Techniktransfer. Erfolgreiche Nutzung entsprechender Technologie ist auch mit der Durchsetzung einer technologisch-wissenschaftlichen Vorstellung von Prävention und Bewältigung von Naturereignissen verknüpft. Genau dieser Durchsetzungsprozess soll näher beleuchtet werden. Die technisch-wissenschaftliche Bewältigung von Katastrophen weist zumindest drei Kernelemente auf. Erstens herrscht die Überzeugung, dass Naturereignisse wissenschaftlich verstanden werden können und dass das dadurch erzeugte Wissen in der Prävention und Bewältigung in Form geeigneter technischer Lösungen eingesetzt werden kann. Zweitens wird bei der Umsetzung dieser technischen Lösungen auf ein Geflecht von Institutionen zurückgegriffen, deren Leistungsfähigkeit sowie deren Zusammenspiel wesentlich für den Erfolg von Prävention und Bewältigung von Katastrophen verantwortlich ist. Drittens ist der Umgang mit Risiken, Gefahren und Katastrophen von normativen Vorstellungen geprägt, die in den Verfassungen der modernen Gesellschaftssysteme verankert sind. Staatliche Legitimität und Leistungsfähigkeit wird besonders an der Erhaltung und am Schutz von Menschenleben, Eigentum und individueller Würde gemessen. Das (erfolgreiche) Zusammenwirken dieser drei Kernelemente beeinflusst die Vorstellungen von Sicherheit in Bevölkerung. Wachsende technische Möglichkeiten, leistungsfähige Institutionen und das Schutzversprechen setzen wachsende Erwartungen an Sicherheit. Die gesteigerten Erwartungen sind sowohl eine Folge von verbesserten technologischen Möglichkeiten, wie auch eine Ursache für die Suche nach verbesserten technischen Mitteln. Genau darin liegt, so die These, ein oft übersehener zentraler Aspekt des gesellschaftlichen Charakters von Naturereignissen. Die Auseinandersetzung mit der Wahrnehmung von Krisen und Katastrophen in Mosambik hat gezeigt, dass der technologisch-wissenschaftliche Umgang mit Risiken, Gefahren und Katastrophen zwar präsent ist aber sich nicht durchsetzt. Die landläufige Vorstellung der Bedeutung soziokultureller Faktoren greift jedoch zu kurz. Die fehlende Wirksamkeit eines technisch-wissenschaftlichen Umgangs mit Katastrophen ist nicht in kulturell begründetem Widerstand oder verbreiteter 'Unwissenheit' zu finden. Vielmehr setzt der erfolgreiche technisch-wissenschaftliche Umgang mit Katastrophen die Existenz leistungsfähiger Institutionen voraus, die in Mosambik zwar vorhanden sind, auf die jedoch die Bevölkerung keinen verlässlichen Zugriff hat. Trotz ihres Versagens ist die Existenz dieser Institutionen aber in anderer Weise folgenreich. Allein das Wissen über die potenziellen technischen und institutionellen Möglichkeiten der Katastrophenbewältigung und -vorsorge trägt dazu bei, neue Dimensionen der Sicherheitsproduktion in Aussicht zu stellen und erhöht die lokale Erwartung an Sicherheit. Die neuen Erwartungen prägen die lokalen Kulturen des Umgangs mit Katastrophen ohne die Versprechungen tatsächlich einlösen zu können. Dies wiederum nährt Zweifel an der Legitimität und Wirksamkeit des technisch-wissenschaftlichen Umgangs mit Katastrophen. Sie wollen diese Erkenntnisse anhand eines Vergleichs zwischen der lokalen Wahrnehmung eines bedrohlichen Naturereignisses - Überschwemmung - am Limpopo-Tal im Süden Mosambiks und am Oderbruch in Deutschland zu überprüfen. Dabei richten sie ihren Blick auf die Rolle, die Erwartung an Sicherheit bei der subjektiven Wahrnehmung von Katastrophen spielt. Die These der Verfasser ist, dass der Durchsetzungsprozess einer Kultur des Umgangs mit Katastrophen wesentlich mit dem Zusammenspiel von gesteigerten Erwartungen und deren mangelnder Einlösung zusammenhängt." (Autorenreferat)Date
2010-10-01Type
SammelwerksbeitragIdentifier
oai:gesis.izsoz.de:document/18362978-3-593-38440-5
http://www.ssoar.info/ssoar/handle/document/18362
urn:nbn:de:0168-ssoar-153034