Demokratisierung im frankophonen Afrika: "Freie Bahn dem Liberalismus!"
Author(s)
Kohnert, DirkKeywords
Soziologie, AnthropologiePolitikwissenschaft
Sociology & anthropology
Political science
UEMOA; WAEMU; CFA-zone
Entwicklungsländersoziologie, Entwicklungssoziologie
politische Willensbildung, politische Soziologie, politische Kultur
Sociology of Developing Countries, Developmental Sociology
Political Process, Elections, Political Sociology, Political Culture
Westafrika
frankophones Afrika
Neokolonialismus
Demokratisierung
politische Entwicklung
Wirtschaftsentwicklung
Liberalisierung
soziale Ungleichheit
politisches System
Entwicklungsland
Entwicklungshilfe
Interessenpolitik
West Africa
French-speaking Africa
neocolonialism
democratization
political development
economic development (on national level)
liberalization
social inequality
political system
developing country
development aid
pressure-group politics
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10200
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https://www.ssoar.info/ssoar/handle/document/55921Abstract
Während zu Beginn des Erneuerungsprozesses 1990 nur vier der 24 frankophonen Staaten im Afrika südlich der Sahara ein Mehrparteiensystem hatten (Komoren, Madagaskar, Mauritius, Senegal), sperren sich heute nur noch drei Staaten gegen dieses Grundelement einer pluralistischen Demokratie. Fünf Länder (Benin, Kongo, Mali, Niger, Togo) leiteten den politischen Erneuerungsprozeß zudem durch die Beschlüsse einer souveränen Nationalkonferenz mit Vertretern aller gesellschaftlich relevanten Kräfte ein. Auch die meisten anderen Regierungen planen darüber hinaus ernsthaft, die Rahmenbedingungen für eine umfassende Liberalisierung ihres politischen Systems zu schaffen. Der Gleichklang in den Fensterreden der Politiker sollte nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Bekenntnisse zur politischen und wirtschaftlichen Liberalisierung oft nur auf massiven inneren und äußeren politischen Druck zustande kamen und in erster Linie den formellen Rahmen einer pluralistischen Gesellschaft abstecken. "Die zweite Befreiung" Afrikas, wie die gegenwärtige Demokratisierungswelle euphemistisch, in Bezug auf die (erste) Befreiung vom Joch der Kolonialherrschaft, getauft wurde, kommt in erster Linie der städtischen intellektuellen Elite und denjenigen Produzenten oder Unternehmen zugute, die sich auf Grund ihrer privilegierten Ressourcenposition in den Weltmarkt integrieren können. Die überwiegende Mehrheit der Armen in Stadt und Land ist in diesen Prozeß nicht aktiv einbezogen. Der gegenwärtige Liberalisierungsprozeß läuft eher auf ein weiteres Auseinanderklaffen der Schere wirtschaftliche r und sozialer Ungleichheit zwischen Arm und Reich hinaus.While at the beginning of the process of democratic renewal in 1990 only four of the 24 francophone countries in sub-Saharan Africa had a multiparty system (Comoros, Madagascar, Mauritius, Senegal), today only three states are banning this basic element of a pluralistic democracy. Five countries (Benin, Congo, Mali, Niger, Togo) also initiated the process of political renewal through the decisions of a sovereign national conference with representatives of all socially relevant forces. In addition, most other governments also plan to create the framework for a comprehensive liberalization of their political system. However, the consonance in the window speeches of the politicians should not obscure the fact that the commitments to political and economic liberalization often were only due to massive internal and external political pressure and primarily set the formal framework of a pluralistic society. "The second liberation" of Africa, as the present wave of democratization was euphemistically baptized in terms of the (first) liberation from the yoke of colonial rule, benefits first and foremost the urban intellectual elite and those producers or enterprises that occupy a privileged resource position in the world market. The vast majority of urban and rural poor are not actively involved in this process. The current liberalization process is more likely to result in a further divergence of the gap between economic and social inequality between rich and poor.
Alors qu'au début du processus de renouveau démocratique en 1990, seulement quatre des 24 pays francophones d'Afrique subsaharienne avaient un système multipartite (Comores, Madagascar, Maurice , Sénégal), aujourd'hui seuls trois États interdisent cet élément fondamental d'une démocratie pluraliste. Cinq pays (Bénin, Congo, Mali, Niger, Togo) ont également initié le processus de renouveau politique à travers les décisions d'une conférence nationale souveraine avec des représentants de toutes les forces vives de la population. En outre, la plupart des autres gouvernements prévoient également de créer le cadre d'une libéralisation complète de leur système politique. Cependant, la consonance dans les discours de fenêtre des politiciens ne devrait pas masquer le fait que les engagements à la libéralisation politique et économique étaient souvent seulement dus à la pression politique interne et externe massive et déterminent principalement le cadre formel d'une société pluraliste. "La deuxième libération" de l'Afrique, telle que la vague actuelle de démocratisation a été baptisée euphémiquement en termes de (première) libération du joug colonial, profite avant tout à l'élite intellectuelle urbaine et aux producteurs ou entreprises qui occupent une ressource position privilégiée sur le marché mondial. La grande majorité des pauvres urbains et ruraux ne participent pas activement à ce processus. Le processus de libéralisation actuel est plus susceptible d'entraîner une nouvelle divergence de l'écart entre les inégalités économiques et sociales entre riches et pauvres.
Date
2018-02-13Type
SammelwerksbeitragIdentifier
oai:gesis.izsoz.de:document/55921978-3-406-34078-9
https://www.ssoar.info/ssoar/handle/document/55921
urn:nbn:de:0168-ssoar-55921-0
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