Verfassungskrise in Kolumbien? Der Streit zwischen Präsident und Justiz eskaliert
Author(s)
Huhle, RainerKeywords
Staatsformen und RegierungssystemePolitikwissenschaft
Systems of governments & states
Political science
Uribe Vélez, Álvaro
Verhältnis Recht - Politik
Rechtsstaatlichkeit/Rechtsstaat
Politische Führung (Gruppe)
Staat, staatliche Organisationsformen
politische Willensbildung, politische Soziologie, politische Kultur
Political Process, Elections, Political Sociology, Political Culture
Political System, Constitution, Government
politisches System
Verfassung
Interessenpolitik
Kolumbien
politische Reform
Machtkampf
Korruption
Wahlrecht
paramilitärischer Verband
Andenraum
Bürgerkrieg
politische Macht
Verfassungsänderung
politischer Akteur
Entwicklungsland
Südamerika
Verfassungswirklichkeit
Lateinamerika
Latin America
constitutional reality
suffrage
civil war
political power
political actor
constitution
Andean Region
power struggle
paramilitary group
political reform
pressure-group politics
constitutional amendment
political system
South America
developing country
corruption
Colombia
descriptive study
deskriptive Studie
Full record
Show full item recordOnline Access
http://www.ssoar.info/ssoar/handle/document/27526Abstract
"Trotz medienwirksamer Erfolge im Kampf gegen die Guerillas steht die kolumbianische Regierung derzeit unter starkem Druck. Die angekündigten politischen Reformen sind ebenso gefährdet wie die sicher geglaubte Kandidatur Álvaro Uribes zu einer dritten Präsidentschaftswahl. Im sechsten Jahr seiner Amtszeit wird Präsident Uribe von Entwicklungen eingeholt, die er zum Teil selbst in Gang gesetzt hat. Eine Reihe politischer Initiativen Uribes produzierte ungewollte Nebenwirkungen. Insbesondere der von ihm zu Beginn seiner ersten Wahlperiode mit viel Energie und gegen beträchtliche rechtliche Bedenken eingeleitete Versuch, durch das 'Friedens- und Gerechtigkeits'-Gesetz das Problem des 'Paramilitarismus' aus der Welt zu schaffen, ist gescheitert. Ziel war die Demobilisierung von Tausenden von Paramilitärs. Selbst die geringen Anforderungen, die das Gesetz an die Paramilitärs stellte, wenn sie die Waffen niederlegten, waren politisch und juristisch nicht in vollem Umfang durchsetzbar. Unzufrieden mit dem Ergebnis des Prozesses begannen viele Paramilitärs, öffentlich und vor der Justiz über ihre Hintermänner in der Politik, dem Militär und der Wirtschaft zu berichten. Erstmals kam damit das ganze Ausmaß des parastaatlichen Machtapparats unter dem neuen Schlagwort 'Parapolitik' ans Licht. Die kolumbianische Justiz arbeitet sich bisher beharrlich in das Dickicht dieses Netzwerkes vor. Ihre Ermittlungen stellen auch Uribes politische Basis in Frage und damit die Absicht, mittels einer weiteren Verfassungsänderung eine dritte Amtszeit für den Präsidenten durchzusetzen. Die Regierung und der Präsident haben sich bislang vergeblich bemüht, die Ermittlungen der Justiz gegen Politiker mit Verbindungen zu den Paramilitärs zu bremsen. Die offen ausgetragene Machtprobe zwischen Regierung und Justiz droht zu einer schweren Verfassungskrise zu werden. Sinnvolle Reformvorschläge im Bereich der Justiz bleiben im Getriebe des politischen Machtkampfs stecken. Ungeachtet hoher Werte bei Meinungsumfragen ist die Aussicht, eine vieldiskutierte dritte Wahlperiode Uribes legitimieren zu können, getrübt. Der Präsident hat bereits angedeutet, dass er unter Umständen auf eine erneute Kandidatur verzichtet." (Autorenreferat)Date
2011-11-21Type
ArbeitspapierIdentifier
oai:gesis.izsoz.de:document/27526http://www.ssoar.info/ssoar/handle/document/27526
urn:nbn:de:0168-ssoar-275269
Copyright/License
Creative Commons - Namensnennung, Nicht kommerz., Keine BearbeitungCollections
Related items
Showing items related by title, author, creator and subject.
-
Modernisierung contra Demokratisierung: Putins russischer WegHessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung; Spanger, Hans-Joachim (DEUFrankfurt am Main, 2012-02-14)Der Beitrag beleuchtet kritisch den Prozess der 'gelenkten Demokratie' unter Präsident Putin in Russland. Putin und der Putinismus gelten zusehends als Synonym für eine autoritäre Politik, die zwar die wirtschaftliche Modernisierung des Landes vorantreiben will, dafür aber die Demokratie zu opfern bereit ist. Den vielfältigen Bekenntnissen des Präsidenten zur Freiheit und Demokratie sind jedenfalls bislang ganz überwiegend genau entgegengesetzte Taten gefolgt. Die gängigen Demokratie-Indices (Bertelsmann Transformation Index, Freedom House u.a.) gelangen bei der Einordnung Russlands zu auffallend unterschiedlichen Ergebnissen und bieten daher kaum Orientierungen. Ferner gibt es in der Wissenschaft beträchtliche Differenzen zur Frage der Ursachen für die allenthalben registrierten autoritären Tendenzen sowie bezüglich der demokratischen Entwicklungsperspektiven. Dabei sind zugespitzt eine russophobe und eine russophile Schule zu unterscheiden. Einen alternativen Zugang eröffnet die Analyse Russlands als Bestandteil der semi-autoritären Grauzone: Hatte es am Beginn der 'dritten Welle' noch den Anschein, als würden einer erfolgreichen Demokratisierung keinerlei strukturelle Barrieren entgegen stehen, so können diese angesichts der wachsenden Zahl autoritärer Abweichungen nicht länger ignoriert werden. In Russland sind die Grundlagen des 'dominanten Machtzentrums' bereits unter Jelzin entstanden. Dessen Charakteristika haben sich aber erst im konsolidierenden Übergang von Jelzins oligarchisch-deliberativem zu Putins bürokratisch-zentralistischem Autoritarismus herausgebildet. Beide Varianten sind auf jeweils eigene Weise ein typisches Merkmal von Rohstoffökonomien und beide sind Formen eines 'crony capitalism', der auf der innigen Verbindung zwischen der Staatsbürokratie und großen Kapitalgruppen beruht. Die Stärkung des Regimes - nicht aber des Staates - zeigt sich exemplarisch in der Jukos-Affäre. In ihr sind das politische Ziel, einem besonders aggressiven und prominenten Oligarchen - und damit auch allen anderen - die Grenzen aufzuzeigen, das Bedürfnis, die staatliche Kontrolle in einem Wirtschaftssektor zurückzugewinnen, der für Russland von existentieller Bedeutung ist, und ganz profane Gier eine charakteristische Verbindung eingegangen. Doch trotzdem ist und bleibt Putins Russland ein strategischer Partner, dessen Wert durch demokratische Defizite nicht geschmälert wird. Ein wirtschaftliches und politisches Interesse ist durchaus plausibel und rechtfertigt eine fortgesetzte Kooperation. Diese darf jedoch nicht dazu führen, vor den Defiziten die Augen zu verschließen. Vielmehr ist nach Ansicht des Autors die russische Führung öffentlich sowie in den von ihr geschätzten westlichen Clubs (G8 u.a.) in einen kontinuierlichen Dialog über die offiziell deklarierten demokratischen Ziele und deren Verwirklichung einzubinden. (ICG2)
-
Out of the 'memory hole': alternative narratives of the Eritrean revolution in the diasporaConrad, Bettina (DEU, 2010-04-06)Der Beitrag beschreibt aus der Perspektive von nationalistischen und kritischen Exil-Eritreern die politischen Entwicklungen in Eritrea seit Ende der 1990er Jahre, die geprägt sind von militärischen Konflikten mit Äthiopien und den machtpolitischen Bestrebungen der Eritreischen Volksbefreiungsfront (EPLF) im eigenen Land. Die Ausführungen basieren auf dem Material einer Feldforschung von 1998 bis 2006, in der Websites, Wissenschaftstexte, Pamphlete, Flugblätter und Publikationen der eritreischen Opposition und ziviler Organisationen, Menschenrechtsberichte und persönliche Korrespondenz mit 'offiziellen' und inoffiziellen Eritreern ausgewertet werden. Im ersten Schritt wird zunächst beschrieben, wie die EPLF und die Bevölkerungsfront für Demokratie und Gerechtigkeit (PFDJ) die offizielle politische Geschichte des Landes, die sich durch die Anforderungen an eine nationalistische Massenbewegung auszeichnet, darstellen und damit den politischen Diskurs sowohl im Land als auch in der Diaspora dominieren. In diesem Zusammenhang werden nationalistische Schilderungen aus der Diaspora herangezogen, die sich als kollektives Gedächtnis mit kollektiver Amnesie charakterisieren lassen. Aber es ist auch ein (Wieder-)Aufkommen alternativer kritischer Wahrnehmungen des politischen Prozesses in Eritrea von Exil-Eritreern zu beobachten, die das politische Vorgehen der EPLF, vor allem die Verletzung der Menschenrechte, anprangern. Schließlich präsentiert sich das politische System in Eritrea als Militärregierung mit entsprechender politischer Hegemonie. In einem abschließenden Ausblick erörtert die Autorin die Frage, ob Diaspora-Foren wirklich einen transnationalen öffentlichen Raum herstellen können, um der Kritik an der politischen Situation in Eritrea eine wahrnehmbare Stimme zu geben. (ICG)
-
Der Einfluss von Korruption auf die Einschätzung des politischen Regimes am Beispiel Estlands und LitauenFreie Universität Berlin, Osteuropa-Institut Abt. Politik; Schaller, Susanne (DEUBerlin, 2015-07-29)"In dieser Arbeit werden die Auswirkungen von Korruption auf die durchschnittliche Bewertung des Regierungssystems untersucht. Als theoretischen Hintergrund wird auf das Konzept der politischen Kultur und insbesondere auf David Eastons Konzept der diffusen Unterstützung zurückgegriffen. Es wird argumentiert, dass ein hohes Maß an Korruption sich negativ auf die diffuse Unterstützung und damit letztendlich auf die Stabilität des Systems auswirken kann. Basierend auf Umfragedaten des 'New Baltic Barometers', dem 'Corruption Perceptions Index' sowie auf den 'Governance Indicators' der Weltbank wird eine vergleichende Fallstudie in Estland und Litauen durchgeführt. Es wird gezeigt, dass Korruption negativ mit der durchschnittlichen Bewertung des Systems korreliert und somit ein Hindernis für die Konsolidierung junger Demokratien darstellen kann." (Autorenreferat)