Die Möglichkeiten und Grenzen der Vorhersage delinquenten Verhaltens von jungen Menschen anhand ihrer Jugendhilfeunterlagen
Author(s)
Lars RiesnerKeywords
ddc:150Philosophische Fakultät
Faculty of Arts and Humanities
Delinquenz, Jugendkriminalität, Screening, Prognose, Jugendhilfe, Risikofaktoren, Schutzfaktoren, Geschlecht, Altersverläufe, Aktenanalyse
crime, juvenile delinquency, screening, risk assessment, youth services, risk factors, protective factors, promotive factors, gender, age
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Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, das kriminalprognostische Potenzial von Jugendhilfeunterlagen zu erforschen. 
 
 Im Rahmen der theoretisch und empirisch basierten Ableitung der Fragestellungen erfolgt zuerst eine phänomenologische Betrachtung der Delinquenz junger Menschen, u. a. hinsichtlich Verbreitung, Formen, Häufigkeit, Kontinuität und Verlaufstypen. Diese Aspekte werden jeweils im Geschlechtervergleich beleuchtet. Anschließend erfolgt eine ausführliche Zusammenstellung des aktuellen Forschungsstandes zu den Entstehungsbedingungen von Delinquenz, in deren Rahmen das Zusammenwirken von bio-psycho-sozialen Risiko- und Schutzfaktoren erläutert wird. Besondere Schwerpunkte liegen hierbei auf Verschiebungen der Bedeutsamkeit von verschiedenen Entstehungsbedingungen im Entwicklungsverlauf und auf Geschlechterunterschieden. Weiterhin werden Screening- und Prognosemethoden bezüglich delinquenter Entwicklungen beschrieben und der derzeitige Wissensstand zu potentiellen Einflüssen auf die prognostische Validität dieser Verfahren dargelegt. Es folgt eine Darstellung zu den Grundlagen und Rahmenbedingungen kriminalpräventiver Maßnahmen und zu Risikoeinschätzungen, die im Kontext der deutschen Kinder- und Jugendhilfe stattfinden.
 
 Im empirischen Teil der vorliegenden Arbeit wird erforscht, 1) inwiefern Risiko- und Schutzfaktoren für die Entwicklung von Delinquenz in Jugendamtsunterlagen dokumentiert werden, 2) inwiefern die in den Unterlagen dokumentierten Merkmale prognostische Validität für delinquentes Verhalten aufweisen und 3) inwiefern sich diese prognostischen Validitäten im Altersverlauf verändern. Es handelt sich um die erste quantitative Untersuchung dieses Gegenstandes. Es wurden die Jugendamt-Akten zu 91 männlichen und 53 weiblichen Klienten gesichtet, welche in sehr unterschiedlichem Ausmaß strafbares Verhalten zeigten. Als Kriterium wurde ein komplexes Delinquenzmaß entwickelt, welches fälschliche Tatverdächtigungen, den Schweregrad von Delikten, die Inhaftierungszeiträume, sowie das Alter und das Geschlecht der Probanden berücksichtigt. 
 
 Die Befunde zeigen, dass die Verwendung der Jugendamtsunterlagen für die Vorhersage zukünftiger Delinquenz mit einigen gewichtigen Einschränkungen verbunden ist. Dennoch halten die Akten einen Fundus an wertvollen Informationen bereit, von denen ein großer Teil zumindest bei männlichen Klienten unterstützend herangezogen werden kann, um Entwicklungsrisiken zu identifizieren und somit die genauere Abklärung über die Notwendigkeit präventiver Maßnahmen einzuleiten. Abschließend werden Implikationen für die Etablierung einer flächendeckenden standardisierten Screening-Prozedur in Jugendämtern abgeleitet.The aim of this study is to investigate the potential of youth welfare records for risk assessment regarding delinquent behavior.
 
 First, a phenomenological analysis of the delinquency of young people regarding prevalence, types, incidence, continuity and trajectories of crime is presented. All aspects are examined for males and females separately. This is followed by a detailed review of research on the conditions that lead to the development of delinquency in terms of the interaction between biological, psychological and social risk and protective factors. The review focusses particularly on the shift of significance of different risk factors during childhood and adolescence as well as on gender differences. Furthermore, methods of screening and prediction of delinquent behavior and potential effects on the predictive validity are described. This is followed by a description of crime prevention and risk assessment that take place within German child and youth welfare services.
 
 In the empirical part of the present study investigates, 1) to what extent risk factors and protective factors for delinquency are recorded in the documents of youth welfare services, 2.) to what extent the documented attributes have predictive validity for delinquent behaviors, and 3.) how these predictive validities change with age. It is the first quantitative investigation of these research questions in Germany. Youth welfare documents of 91 male and 53 female clients who showed delinquency of varying extent were analyzed. As criterion variable is a complex measure developed by the author, which considers false accusation, severity of offences, arrest periods, as well as age and gender of the subjects.
 
 The findings show that the use of youth welfare documents for predicting delinquent behavior has some considerable limitations. However, a lot of useful information is recorded by the child and youth welfare services. This information could be used to identify persons at risk and to initiate further investigations regarding the need for support and intervention, at least with regard to male clients. Finally, implications for the establishment of an all-over standardized screening procedure in youth welfare services are discussed.
Date
2015-01-12Type
textIdentifier
oai:eldiss.uni-kiel.de:dissertation_diss_00016395urn:nbn:de:gbv:8-diss-163953
http://eldiss.uni-kiel.de/macau/receive/dissertation_diss_00016395